Test/Review: Evoland 2 – Eine Reise durch die Videospielgeschichte

Selten hatte ich bei einem Spiel so viele witzige Aha-Momente wie in Evoland 2. Während der Vorgänger nur mäßige Kritiken der Fachpresse und Spielerschaft erhielt, ist Evoland zwei als klare Liebeserklärung an die Videospielgeschichte zu verstehen. In unserem Test wollen wir euch das besondere Stück Software ein wenig näher bringen und durchleben dabei eine Zeitreise im Spiel, wie auch vor dem Monitor. 

Streng genommen haben wir es bei Evoland 2 mit einem klassischen Rollenspiel aus der Vogelperspektive zu tun. Wären da nicht die unzähligen Anekdoten, die mal mehr oder weniger offensichtlich zu entdecken sind und uns immer wieder schmunzeln und in Erinnerungen schwelgen lassen. Der Genre-Mix mauserte sich während der Test-Phase schnell zu einem meiner Lieblinge in der Steam-Bibliothek. Aber warum eigentlich? 

Einmal auf Anfang bitte

Nostalgie ist ein schönes Gefühl. Nicht wenige Spiele nehmen sich ältere Semester als Zielpublikum und begeistern Spieler mit Präsentation und Gameplay der alten Schule. Meist sind es Indiespiele die dieses Prädikat verdienen. So auch Evoland 2 welches uns aber nicht nur in einer Zeitepoche verharren lässt, sondern uns geschickt so ziemlich die gesamte Palette denkwürdiger Spiele- und Spielmomente serviert. 

Beginnend im 16-Bit Look der Super Nintendo Ära, ist Evoland 2 im Kern ein Rollenspiel aus der Vogelperspektive. Mit unserem Held Kuro rutschen wir in eine Geschichte, die anfangs als gewöhnlich anmutet. Es sind 50 Jahre seit dem großen Krieg zwischen Menschen und Dämonen vergangen und es herrscht Friede auf Gottes grüner Erde. Ein paar überlebende Dämonen planen jedoch Rache und mir nichts dir nichts, finden wir uns als Retter wieder Willen in einer Zeitreise wieder.

Trotz vieler Anleihen und Anspielungen in andere Richtungen, erzählt Evoland 2 eine eigene gut funktionierende Geschichte. Wie das große Vorbild Chrono Trigger, werden hier die Zeitreisen optimal in die Geschichte integriert und umgesetzt. Viele eurer Handlungen in der Vergangenheit, haben Auswirkungen auf die Zukunft und andersrum. Zwar ist das alles streng linear, die Folgen unserer Handlungen zu entdecken, macht trotzdem einen Heidenspaß. Trotz vieler Gags und einer humoristischen Inszenierung, beruht die Handlung auf ernste Hintergründe und konfrontiert den Spieler mit durchaus tiefgründigen Fragen wie Machtspielchen und die Verantwortung unserer eigenen Entscheidungen. Tiefgreifend und emotional wird es aber an keiner Stelle, was nicht zuletzt auch an der fehlenden Sprachausgabe liegt. Die gut geschriebenen deutschen Texte werden stilecht in Textboxen präsentiert.

Wildes Allerlei

Der Kerngedanke und treibende Kraft in dem Spiel ist aber weniger die Story, als der Weg durch eben diese. Die optische Umsetzung der verschiedenen Zeitepochen ist eines der klaren Highlights von Evoland 2. Während wir wie schon erwähnt in der Gegenwart mit einem 16 Bit Look konfrontiert werden, präsentiert sich das Spiel in der Vergangenheit im klassischen 8 Bit-Pixel-Stil wie zu Zeiten des altehrwürdigen NES. Geht es dann wiederum in die Zukunft, wird alles in farbenfroher und zeitgemäßer 3D-Grafik dargestellt.

Aber nicht nur optisch wechselt der Titel zwischen verschiedenen Epochen. Auch in spielerischer Hinsicht wird des öfteren das RPG-Korsett gesprengt und wir finden uns in einem gänzlich anderen Genre wieder. So kommt es, das wir eben noch in klassischer 16-Bit RPG-Manier von oben auf unseren Helden blicken und schon im nächsten Dungeon steuern wir Kuro als Jump & Run und vielen uns auch aufgrund der denkwürdigen Gegner wohlig an Super Mario World erinnert. Oder wir bestreiten einen Bosskampf als Beat ‚em Up und staunen nicht schlecht, als wir intuitiv eine viertel Drehung nach vorn mit dem Stick ausführen und dabei die Schlagtaste betätigen, schon entfleucht uns ein „Ha-Do-Ken“. Das Spiel steckt voller solch liebenswürdiger Anspielungen, bspw. schleichen wir uns in einem Dungeon unter einem Pappkarton an gegnerischen Wachen vorbei. Unschwer zu erkennen um welchen Seitenhieb es sich hierbei handelt. Mit unserem neuen Spitznamen „Solid Snail“ gehts dann also weiter mit der Odyssey durch die Welt der Videospiele.

Simpel aber fordernd 

Natürlich muss man sich auch eingestehen, dass keines der eingeworfenen Genre komplexe Spielmuster enthält. Auch der Kernfeature der J-RPGs bieten nur rudimentäres Charakter- sowie Ausrüstung-Management. Aber das will Evoland 2 auch gar nicht, es will und kann nicht jegliches Genre perfekt repräsentieren. Viel mehr ist es eine klare Hommage und Liebeserklärung an vergangene Zeiten. Eine ganzer Sack voller Erinnerungen mit denen wir in den letzten 15-20 Jahren unsere Freizeit vor den Bildschirmen verbrachten.

Trotz meist simplen Rätseln und einer wenig komplexen Spielmechanik, bietet Evoland 2 genügend Herausforderungen, denn einfach ist das Spiel auf keine Fall. Denn wie es halt so üblich war, werden wir hier nicht mit der Nase auf die Lösung gestupst, sondern müssen alles selber herausfinden. Keine Pfeile zeigen uns auf der Karte wo es lang geht. Und das ist ein ums andere mal erfrischend, wenn wir auch mal wieder selber denken müssen. Auch die verschiedenen Genre bleiben in der Schwierigkeit herausfordernd und einige Kniffligkeitspassagen müssen wir mehrere mal wiederholen, bis wir endlich den Dreh raus haben. Unfair wird es dabei allerdings nie, zudem auch die Speicherpunkte immer fair verteilt sind. Allerdings empfehlen wir klar die Benutzung eines Gamepads. Evoland 2 lässt sich zwar auch mit der Tastatur steuern, aber einige Hüpf- und Kampf-Passagen werden damit zur Geduldsprobe.