Über 20 Jahre ist es her, dass Bullfrog Productions‘ Syndicate erschien. Als Echtzeit-Strategiespiel steuerte man hier bis zu vier Agenten, die im Auftrag eines Großkonzerns gegen andere weltweite Unternehmen vorgingen. In Satellite Reign, das mit über 460.000£ finzanzierte Kickstarter-Projekt, ist der spirituelle Nachfolger des Klassikers, spielt dieses Mal jedoch in einer großen Metropole.
Diese Großstadt ist jedoch alles andere als idyllisch – hier beherrschen reiche Unternehmen das niedere Volk und unterdrücken die unteren Gesellschaftsschichten. Als Stadt der Zukunft gibt es hier schwebende Autos, futuristische Bauten oder Hologramm-Bäume zu sehen, alles unter einem Schleier aus Regen, der über dem Konstrukt liegt. Entsprechend trostlos ist es hier in den Straßen, Polizeipatrouillen sorgen für Ordnung und unterdrücken gleichzeitig auch jede Form von Widerstand, in den Seitengassen liegen Obdachlose und Müll sammelt sich in den dunklen Ecken, in die das grelle Neonlicht nicht dringen kann. Atmosphärisch hat Satellite Reign hier wirklich etwas zu bieten, der Flair einer futuristischen Großstadt gelingt sehr überzeugend.
Doch auch unter dem festen Griff der Mächtigen gibt es Organisationen, die sich gegen das Regime auflehnen. So auch die vier Agenten, die man als Spieler im Laufe des Spiels gleichzeitig steuert und für bestimmte Aufträge in Einsatz bringen kann, die aber vorzugsweise im Geheimen erledigt werden sollten. Denn ein offenes Gefecht mit Polizei oder Sicherheitsdienst kann man sich nur in den seltensten Fällen leisten, hier ist gute Vorausplanung und taktische Finesse gefragt.
Jeder der vier Agenten verfügt nämlich über seine eigene speziellen Stärken. Für die gute Sache kämpfen Supporter, Soldat, Infiltrator und Hacker – jeder mit gleichen und unterschiedlichen Fähigkeiten, die durch gesammelte Erfahrungspunkte ganz individuell aktiviert und verbessert werden können. So kann jeder Agent mehr Lebenspunkte erhalten oder Schaden verursachen, doch nur der Hacker ist dazu in der Lage, elektronische Schlösser über ein Zugangsterminal zu knacken, um damit in gesicherte Bereiche vordringen zu können. Diese gesicherten Areale gehören bestimmten Konzernen und sind auch dementsprechend mit Überwachungskameras, Soldaten oder Kameradrohnen ausgestattet. Leider müssen die mutigen Freiheitskämpfer genau in diese Gefilde vordringen, um wichtige Aufträge zu erledigen. Dabei geht es meist um das Erreichen eines bestimmten Punktes innerhalb der Zone, ohne jedoch entdeckt zu werden. Auf der Minimap wird der genaue Zielort durch ein Signal angezeigt, über den Worldscan, eine Fähigkeit des Supporters, mit der die unmittelbare Umgebung beispielsweise nach Feinden oder Verbindungskabeln von Überwachungskameras abgesucht werden kann, lässt sich das Signal so auch sichtbar machen. Leider fällt hier die Story insgesamt komplett unter den Tisch, da nur über Textfelder erzählt wird, die man nach der zehnten Mission sowieso nur noch wegdrückt, da keine große Spannung aufkommt. Auch wenn die Texte an sich nicht schlecht geschrieben sind – die fehlende Inszenierung nimmt dem ganzen dann aber bedauerlicherweise das Potential.
Dafür ist das Gameplay alles andere als langweilig: Denn wie man mit seinen verfügbaren Einheiten letztendlich agiert bleibt ganz bei der Entscheidung des Spielers. Bevor man sich blind in eine gesicherte Zone wagt, sollte man alle in Sichtweite befindlichen Gefahren wie Patrouillen, Kameras oder Hindernisse wie verschlossene Türen auskundschaften, um nicht während der Operation vor einem ungeahnten Problem zu stehen, durch das der gesamte Trupp aufgedeckt wird. Denn hier ist Satellite Reign gnadenlos: Wer mit lauten Schüssen einen Wachmann niederstreckt muss innerhalb von Sekunden mit einer ganzen Horde von alarmierten Drohnen oder Soldaten rechnen, die zum Ursprung der Lärmquelle eilen. Im offenen Gefecht hat man da selbst mit den bestens ausgerüsteten Agenten keine Chance und muss sich schleunigst zurückziehen. Leider muss man dann von neuem einen Vorstoß wagen, denn nach einiger Zeit werden bereits ausgeschaltete Soldaten ersetzt oder der eigenen Trupp ausgeschaltet – hier ist oberste Geheimhaltung gefragt.
Für ungeduldige Spieler dürften solche Aktionen sehr schnell zu Frustmomenten führen, denn das Spiel verzeiht nur selten Fehler. Wer allerdings die Bewegungsabläufe der Soldaten studiert und Schritt für Schritt stationäre Überwachungskameras entweder kaputt schießt oder mit dem Hacker ein violettes Zugangsterminal deaktiviert, das mit dem Worldscan übrigens leicht zu entdecken ist, der hat mit etwas Sitzfleisch gute Chancen auf Erfolg. In meinem Fall habe ich zuerst meinen Infiltrator nach vorne geschickt, da es zunächst einfacher ist, mit nur einem Agenten an aufmerksamen Wachen vorbei zu schleichen. Außerdem verfügt der Infiltrator neben einer kurzzeitigen Unsichtbarkeit, auch über einen Meuchelangriff, der auf der höheren Stufe auch schwerer gepanzerte Soldaten ohne einen Laut niederstreckt. So konnte ich mir oft den Weg für meine drei anderen Einheiten freimachen – diese Taktik erfordert jedoch einiges an Geduld, da Fähigkeiten Energie kosten und nicht ständig einsatzbereit sind. Allerdings bietet Satellite Reign hier auch andere Vorgehensweisen. Beispielsweise lassen sich die DNA von Passanten analysieren und auf Agenten übertragen, was in manchen Fällen zu Attributs-Verbesserungen wie Angriff oder Verteidigung führen kann. Somit kann man sich auf kleinere Scharmützel einstellen und öfter in offenem Feld kämpfen als nur aus dem Schatten zu agieren. Aber das bleibt jedem selbst überlassen, was den Spielspaß zu großen Teilen ausmacht. Daneben lässt sich auch die Ausrüstung der eigenen Figuren an Schnellspeicherpunkten wechseln oder verbessern. Waffen, die man aus Missionen erhalten hat, können somit eingesetzt werden, sind aber, falls man sie nicht vorher in einem Forschungsprogramm untersucht hat, nur einmal nutzbar und verschwinden, falls der tragende Charakter stirbt und wiederbelebt wird.
Die ohnehin schon nervenaufreibenden Geheimoperationen werden vor allem dann noch spannender wenn der Alarm ausgelöst wird und gefühlt die Hälfte der Soldaten der Stadt auf der Suche nach den Eindringlingen ist. Denn dann setzt ein treibender elektronischer Soundtrack, passend zum futuristischen Design des Spiels, ein, durch den noch mehr Druck im Spiel aufkommt. Leider stören da immer wieder die Geräusche der Mündungsfeuer, die nach dem hundertsten Mal trotzdem immer noch gleich klingen – der Soundtrack gefällt trotzdem sehr gut, mich erinnert er teilweise ein wenig an Hotline Miami.
Satellite Reign | |||||||||||||
Publisher: | 5 Lives Studios | Releasetermin: | 28.08.2015 | Preis: | 27,99 Eur | Plattform: | PC | ||||||
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